Schalthoff: Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel mal wieder

Eigentlich tut sich in der Stadt ja mehr als genug derzeit. Die Bahn hat nun den Weg freigemacht für die Neue Mitte Altona bzw. den zweiten Bauabschnitt, da sie nun definitiv den Fernbahnhof nach Diebsteich verlegen will. Ebenso schwebt sogar im Raum den „Betonklotz“ (Bf. Altona) abzureißen und das Viertel etwas, nunja, aufzuwerten oder so.

Die Erweiterung der U4 geht auch gut voran, das Urteil für die Elbvertiefung wird bald erwartet, das StadtRAD-System wird ausgebaut, die Bauarbeiten für die Unterhausung („Deckel“) der A7 haben begonnen, einige Straßen östlich der Alster sollen Fahrradstraßen werden, immer mehr Abschnitte der Busbeschleunigung werden fertig und so langsam beginnt der Wahlkampf, in dessen Fokus neben der Verkehrspolitik (z.B. Stadtbahn/U5) auch die Bewerbung für Olympia 2024/28 besteht, die in der Regel immer in einem Atemzug mit dem Ausbau von technischen Infrastrukturen steht. Außerdem steht in wenigen Wochen in Mitte ein Bürgerentscheid zum Bau einer Seilbahn an, aber bei der fällt es mir etwas schwert, dort von einer „Infrastruktur“ zu sprechen.

Kurzum: Es tut sich viel in Hamburg. Und selbst wenn nur jedes zweite zukünftige Vorhaben (S-Bahn-Ausbau hatte ich noch gar nicht erwähnt) in der Zukunft auch angepackt wird, dann wird es das auch erstmal bleiben.

Aber nun zu Fuhlsbüttel. Bei Hamburg1 kam — vermutlich mangels anderer Themen — wieder mal zum Thema Flughafen. Und die vier Gäste (Bürger-Ini Alstertal/Walddörfer, Luftfahrt-Presse-Club, CDU sowie SPD) haben so ziemlich nichts als Unsinn verzapft, so dass es einen beim Zuhören schon wehtat. Ein paar Beispiele, die keineswegs vollständig sind, hab ich mal an einen Bekannten geschickt und kopiere es hier (unkorrigiert) einfach mal rein ohne Nennung von Namen:

Na, hin und wieder will man ja schon wissen, was noch in Hamburg so passiert. Da ist Schalthoff zu später Stunde ganz unterhaltsam, auch wenn hier alle eher aufgeregt sind über die Frage, ob in Hamburg eine U5 gebaut wird und wenn ja, wo sie verläuft. 😉

Die Diskussion fand ich aber auch etwas dünn. Vor allem störten mich auffällige Scheinargumente und Zahlentricks. „Auch Anwohner wollen den Flughafen benutzen“ z.B., obwohl es gar nicht darum geht, den Flughafen abzuschaffen, sondern z.B. um Nachtflüge und/oder eine Verlegung, was zehn Minuten mehr Anfahrt bedeutet und niemanden umbringt. Bei den Zeiten fürs Ein- und Auschecken, Gepäckabgabe usw. fällt sowas ja eh nicht ins Gewicht. Oder vermeintliche Durchschnittswerte von Lärm, die nun wirklich nichts aussagen. Was bringen mir drei laute Maschinen nachts, wenn der Durchschnitt über sieben, acht Stunden niedrig ist, weil sie statistisch kaum auffallen, aber trotzdem wen aus dem Bett rießen? Oder diese Hochrechnung von Beschwerden, die man dann auf Einwohner runterrechnet. Und damit tun sie so, als wären alle anderen, die sich nicht beschweren, zufrieden damit. Und es ist auch logisch, dass man sich in Harburg seltener beschwert als in Langenhorn oder Niendorf. Das sind ja nur Zahlentricks, um etwas möglichst niedrig aussehen zu lassen und ans Bauchgefühl des Zuschauers zu appellieren. Oder dieses „Flughafen gibt es seit 1911, also kann es fast nur Leute stören, die dort zugezogen sind“, was an sich schon mal Unsinn ist, da nicht jeder nach seiner Geburt umzieht und Wohneigentum auch vererbt wird. Damit unterstellt man einfach jedem, daß er den Lärm in Kauf nahm. Zum anderen ist diese falsche Prämisse gar nicht sinnvoll für die Frage von Qualität und Quantität des Lärms, was er in der Konklusion ja damit behaupten will. Nach seiner Logik wäre es ja auch kein Unterschied, wenn man neben einer Dorfstraße wohnt, die später zu einer Autobahn ausgebaut wird mit dem x-fachen Aufkommen und man sagt „Na, wer an eine Straße zieht, der muss ja mit diesem Lärm rechnen und darf sich im Nachhinein nicht beschweren“. Aus tatsächlichen Emissionswerten wird ein einfaches „Flughafen vorhanden, Ja oder Nein“ und nicht die Frage, wie sich Flughafen und Pax-Zahlen verändert haben. Es sagt auch nichts über Lärm, über Flugzeiten, über Messverfahren, … da fühlt man sich schon etwas für blöd verkauft. Und als sie noch meinten, wegen des Desasters um den BER könne man woanders erstmal für viele Jahre keine Vorhaben angehen, hätte ich am liebsten ausgeschaltet. Was dort tatsächlich die Probleme sind, was dort verpfuscht wurde und wie die Bürger dazu stehen, das wird alles ignoriert. Aber wem sag ich das.

Erschwerend kam hinzu, dass die gesundheitlichen Aspekte völlig außer Acht gelassen wurden. Ebenso die Verkehrssituation, der Bedarf an Wohnraum (und damit Einnahmen durch Lohnsteuer), mögliche Alternativen in der Metropolregion in Kooperation mit anderen Ländern, die Situation anderer norddeutscher Flughäfen, das alles wurde unter den Tisch gekehrt und es kam nur ein dämliches unschönes Argument nach dem anderen aus der Pistole. Dass die Ökologie (z.B. verstärkter Feinstaubausstoß durch „steilere“ Starts und Landungen) so wenig wie soziale Aspekte berücksichtigt wurde, versteht sich bei den vier Diskutanten von selbst. Sie lächeln über Alternativen, diskreditieren Anwohner und fühlen sich toll in ihrer Position. Da wird einem schon aus der Entfernung schlecht.

Und dabei gibt es so viele Gründe, die für eine (Teil-)Verlegung Fuhlsbüttels sprechen und so wenig, was für einen Verbleib spricht. Will man jede (ergebnisoffene) Diskussion aber einfach im Keim ersticken, weil man sich lieber anderen Themen widmet und selbst eh nicht betroffen ist, dann kann man natürlich mit rhetorischen Tricks um sich werfen und hoffen, dass die anderen Teilnehmer darauf hereinfallen und der (ansonsten stets gut informierte) Moderator nicht interveniert. Wobei es bei der Diskussion eh nur um drei Fluglärmfreunde ging sowie eine Diskutantin, die gar nicht weiter betroffen ist und wohl gut damit leben könnte, wenn ihr Bißchen an Lärm wegfällt und Anwohner in den angrenzenden Stadtteilen dafür massiv stärker betroffen sind. Da fragt man sich wirklich, wo das „Wolkenkuckucksheim“ [sic] eigentlich wirklich angesiedelt ist, von dem die Rede ist.